Schmiedelieder

Im Schmiedefeuer

1

Das Schmiedefeuer strahlt in Glanz,
Schwarz steht der Schmied im Funkentanz.

Hei, Pinkepank und Pinkepank!
Du emsiger Riese, hab Dank, hab Dank!

Ganz wie im Wunder schon sitz ich da,
Ein Kind, Grossvaters Esse nah.

Der Blasbalg stürmt, die Kohle glüht,
Das Eisen weiss und weisser sprüht.

Die Zange hebt es, flimmerndblank.
Dann Pinkepank und Pinkepank!

Ich sitz in fröhlicher Kindesruh,
Der Hammer blitzt mir Sterne zu.

Sie spritzen mich an in flirrender Pracht
Wie Feuerwürmchen der Juninacht;

Die bergen sich voll Heimlichkeit
In meinem faltigen Schürzenkleid.

Die Schmiede flammt von goldnem Glanz
Grossvater lacht im Funkentanz.

2

Heut zwingt mich selber das Machtgebot
des Lebens in heisse Schmiedenot.

Die ich mir liebend in Liebe verband,
Soll ihnen schmieden des Glückes Pfand.

Und wird der Faust mein Hammer zu schwer,
Und keuch ich müde: „Es geht nicht mehr!“

Ein Blick in jenes Wunder hinein
Verjüngt mich wie ein Zauberwein,

Vom tüchtigen Stamm ein tüchtiger Schmied,
Sing ich dann hell mein Hammerlied.

„Hei, Pinkepank und Pinkepank!
So Tag fèr Tag! So frisch und frank!

Hammer der Tatkraft, ich schwinge dich!
Glück meines Lebens, ich zwinge dich!“

Die Welt liegt goldig im Morgenglanz,
Grossvater lacht im Funkentanz.


 

Der tote Schmied

Der als ein Held mit Zang und Hammer
Im Feuer und beim Amboss stand,
Der Schmied sank tot in seiner Kammer;
Sein friedlich Waffen, Zang und Hammer,
Schlug ihm das Leben aus der Hand.

Schwarz liegt die Esse in der Schmiede,
Ein leiser Hall den Raum durchzieht
Von Bälgebraus und Werktagsliede;
Schwarz liegt die Esse in der Schmiede:
Bleich auf der Bahre liegt der Schmied.

Ein Eisen wartet an der Mauer,
Das halb erst seinem Fleiss geriet.
Die Freunde stehn in Tränentrauer;
Das Eisen wartet an der Mauer,
Im Sarge wartet auch der Schmied.

Das Pferd, das er so klug beschlagen,
Es scharrt, es stampft vor seinem Haus.
Am kranzgeschmückten Leichenwagen
Das Pferd, das er so klug beschlagen,
Es bringt den Schmied zum Dorf hinaus.

Den er so blank geschärft, der Spaten
Harrt glitzernd sein im Sonnenstrahl;
Ein kund'ger Zeuge seiner Taten,
Den er so blank geschärft, der Spaten
Wölbt ihm das schlichte Heldenmal.


Die Schmiede

Verblutet war ein müder Tag
Und Erd und Himmel ruhten;
Doch drüben, wo die Schmiede lag,
Da scholl gestampf und Hammerschlag,
Da stand das Tal in Gluten.

Die Halle steigtvoll roten Lichts
Ein Zwinger, breit und drohend!
Und plétzlich durch die Ziegel bricht's
Wie Flammenschwall des Weltgerichts,
Die schwüle nacht durchlohend.

Und schwarz drängt durch das rote Tor
Der Hünenschwarm der Schmiede;
Die Hämmer blitzen schwer empor,
Der Zorn wälzt seinen Donner vor,
Der Donner wird zum Liede.

„Des Tages Not, der Nächte Fron,
Wann soll's ein Ende finden?
Man würgt sich müd an Hass und Hohn
Und muss für einen Hungerlohn
Sich schier zum Krüppel schinden.

Sie auteln und kutschieren draus,
Die hochmutsatten Gäuche;
Sie prassen frech in Saus und Braus
Und ruhn auf Daunenkissen aus
Die goldbehängten Bäuche.

Uns hockt zu Hause Weib und Kind
Wie gramverzehrte Leichen;
Sein Spottlied pfeift dazu der Wind,
Wenn frierend sie die Schwarzbrotrind
Im Quell der Tränen weichen.

Wir stehn in Schweiss und schnödem Zwang
Gefesselt ganz wie Sklaven;
Sie schwelgen froh bei Becherklang
Sie scherzen roh bei Dirnensang,
Sie liebeln und sie schlafen.

Zerrt sie heraus, schleppt sie herbei!
Nun steht und lauscht, ihr Schlemmer:
Von Fraun- und Kinderwehgeschrei
Dröhnt euch ins Ohr die Melodei
Beim Zornestakt der Hämmer.

Ihr seid die Macht, wir sind die Zahl,
Doch auch das Erz der Berge;
Euch ward die Lust, uns ward die Qual,
Nur schmieden wir uns selbst den Stahl
Der bannt das Gold der Zwerge.

Rasch dreht die Welt, weckt Reu und Leid;
Zu Ende geht's, ihr Spötter.
Wir fordern euch zum grossen Streit
Wir Riesen der modernen Zeit
Euch fleischgewordne Götter.

Türmt Stein und Eisen um euch auf
Mit Wimmern und mit Beten:
Das Volk, das Volk stürmt an zu Hauf,
Die tyrannei im Sturmwindlauf
In Nacht und Staub zu treten.

Dann bricht die Götzendämm'rung ein,
Die stolzen Höhen rauchen;
Wir Knechte werden König sein,
Und lächelnd wird aus trübem Schein
Die neue Erde tauchen.“

Nik Welter, 1902

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© 2005 by Nik Welter Verlag | design by Raffael Mancini | letzter update: 15.02.05 20:55

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